Was versteht man unter dem Baugrundrisiko?

Kommt es zu Baustreitigkeiten, ist vonseiten der Bauunternehmen sehr häufig der Satz zu hören: „Das Baugrundrisiko trägt der Bauherr!“. Diese Aussage beantwortet die Fragen, wer die Mehrkosten übernehmen muss, wenn die Bodenbeschaffenheit der Grund ist, dass die Bauarbeiten aufwendiger und kostenintensiver werden als kalkuliert.

Definition Begriff Baugrundrisiko

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Der Begriff Baugrundrisiko wird als ein natürliches, nicht vermeidbares Restrisiko definiert. Dieses bewirkt Erschwernisse und/oder nicht voraussehbare Wirkungen bei der Bebauung, beispielsweise Bauverzögerungen oder Bauschäden. Ein Baugrundrisiko liegt auch dann vor, wenn die Person, die das Grundstück zur Verfügung stellt, alle notwendigen Untersuchungen im vollen Umfang vorgenommen hat. Dazu gehören beispielsweise die Bodenbeschaffenheiten und die Grundwasserverhältnisse. Auch wenn der Bauherr selbst oder die beauftragte Baufirma zusätzlich eigene Überprüfungen vorgenommen hat. Zu diesen Maßnahmen ist der Bauherr verpflichtet.

Verzögerungen und Mehrkosten können beispielsweise entstehen, wenn sich statt baggerfähigem Boden ein harter Fels unter der Oberfläche verbirgt, der Grundwasserspiegel höher liegt als angenommen wurde oder wenn beim Aushub Abfälle und verschmutzter Boden an die Oberfläche befördert werden.

Die Beurteilung des Baugrunds

Mit welchen Grundwasserverhältnissen und Bodenbeschaffenheiten zu rechnen ist, regelt eine große Anzahl von Beschreibungs- und Baugrundbeurteilungsnormen. Die Generalnorm (VOB Teil C) gibt zudem vor, welche Angaben bei der Ausschreibung von Baugrund bezüglich der Hydrogeologie und zur Bodenbeschaffenheit gemacht werden müssen. Im Rahmen der Entwurfsplanung des Bauprojekts ist der Architekt zur Begutachtung und Beurteilung des Baugrundstücks verpflichtet. Falls ein Architekt seiner Pflicht nicht nachkommt, ist er laut Rechtsprechung für sämtliche Schäden haftbar. Wird dagegen gebaut, ohne einen Ingenieur oder Architekten zu beauftragen, ist das Bauunternehmen zur Prüfung des Baulands verpflichtet.

Die Kostenhaftung – eine Frage der Faktoren

Wer die Kosten übernehmen muss, hängt von verschiedenen Faktoren ab. Beispielsweise kann beim Abschluss des Vertrages das Baugrundrisiko in vollem Umfang auf das Bauunternehmen übertragen werden. In diesem Fall ist der Bauunternehmer zur Prüfung verpflichtet und bezieht die voraussichtlichen Mehrkosten durch festgestellte Risiken in die Preisgestaltung mit ein.

Geologisches Gutachten schützt vor bösen Überraschungen

Damit ein Bauherr keine unliebsamen Überraschungen erlebt, sollte am besten vor dem Kauf des Baugrunds ein geologisches Gutachten in Auftrag gegeben werden. Die damit beauftragten Spezialisten haften für die Richtigkeit der von ihnen gemachten Angaben. Ein Gutachten umfasst:

  • Sicherung eines Nachbarbauwerkes
  • Frostsicherung und Frostgefährdung
  • Wasserhaltung, Wanne oder Drainage
  • mögliche Grundwasserprobleme
  • Setzungen, Grundbruch, Kippen, Gleiten
  • Beseitigung festgestellter Gründungsschäden
  • Nachgründungen, Sondergründungen
  • Standsicherheit, Erddruckfragen
  • Böschungs-, Baugruben- und Hangsicherung
  • Standsicherheit vorhandener Böschungen
  • Gründung von Bauwerkslasten
  • Tragfähigkeit des Baugrundstücks

Die Aufgabe eines Bodengutachters ist es, die Wahl eines wirtschaftlichen und sicheren Baugrunds sicherzustellen.

Altlasten – ein Sonderfall

Bei Aufwendungen, die durch sogenannte Altlasten verursacht werden, handelt es sich um einen Spezialfall. Deshalb ist es jedem Bauherrn zu empfehlen, einen bestehenden Verdacht gründlich abzuklären. Da diese sehr kostenintensiv sind, verzichten Bauherrn meist darauf. Wenn beim Aushub jedoch Verunreinigungen zum Vorschein kommen, können Untersuchungen nicht mehr umgangen werden. Die Kosten für die Abklärung hat primär der Eigentümer des Grundstücks zu bezahlen.

Bei Sanierungen gilt das Verursacherprinzip

Falls die Belastungen des Baugrunds eine Sanierung des Standorts und/oder eine Überwachung erforderlich machen, werden gezielt behördliche Maßnahmen angeordnet. Die dafür anfallenden Kosten verteilt die zuständige Behörde auf die Verursacher. Ist der Boden allerdings nicht gravierend verunreinigt, liegt eine sogenannte Bauherrenaltlast vor. Die Kosten für die Entsorgung müssen vom Eigentümer des Grundstücks vollständig übernommen werden. Aus diesem Grund ist es beim Kauf eines Grundstücks ratsam, eine Vereinbarung in den Kaufvertrag aufzunehmen, die den Verkäufer des Baugrundstücks zur Übernahme der Kosten für Überwachungs-, Sanierungs- und Entsorgungsmaßnahmen verpflichtet.

Echtes und erweitertes Baugrundrisiko

Das Gesetz unterscheidet zwischen einem echten und einem erweiterten Baugrundrisiko.
Als echtes Baugrundrisiko wird ein unvorhersehbares Risiko bezeichnet. Bei dieser Variante des Baugrundrisikos handelt es sich um das verbleibende Restrisiko, das trotz fehlerfreier und sorgfältiger Arbeit und Überprüfung durch alle beteiligten Parteien entsteht. Dieses Restrisiko muss vom Bauherrn getragen werden. Ausgenommen, es wurde im Vertrag eine Sonderregelung oder eine andere Vereinbarung getroffen.

Wurde im Vertrag bezüglich des echten Baurisikos keine Vereinbarung getroffen, richtet sich die Haftung nach der Abnahme. Vor der Abnahme ist der Bauunternehmer haftbar. Nach der Abnahme des Baus haftet der Bauherr. Ausnahmen sieht § 645 BGB vor: Wenn vom Bauunternehmen gelieferter Stoff die Verschlechterung der Bodenbeschaffenheit vor dem Zeitpunkt der Abnahme verursacht hat, steht dem Bauherrn zumindest eine anteilmäßige Entschädigung zu.

Ein erweitertes Baugrundrisiko wird immer durch einen Beteiligten verursacht. Die Person, welche die Erschwernisse des Baus verschuldet hat, muss deshalb auch die gesamten Kosten tragen.

Fazit

In der Praxis lässt sich das Vorliegen eines Baugrundrisikos nicht vollständig ausschließen. Aufgrund der aktuellen Gerichtsurteile ist ersichtlich, dass sich dieses Risiko nicht mehr nur einer Partei aufbürden lässt. Dafür sorgen beispielsweise allgemeine Geschäftsbedingungen und Vertragsklauseln. Die Verteilung der Haftung zwischen den am Bauprojekt beteiligten Parteien ist von der jeweiligen Fallkonstellation abhängig. Aus diesem Grund ist es zwingend notwendig, bereits vor dem Kauf eines Baugrundstücks ein Gutachten über die Boden- und Grundwasserverhältnisse in Auftrag zu geben.


  • Bitte beachten Sie, dass diese Informationen keine Rechtsberatung darstellen und diese auch nicht ersetzen.